5. Kleiner Ausflug in die Legende

Die schöne felsige Landschaft am Fluß regte immer wieder die Phantasie der Giebichensteiner an. Besonders schaurig wird es, wenn es um den Freitod von Frauen geht, wenn möglich aus Liebeskummer.

In den Klausbergen gibt es oberhalb der Jahnshöhle einen spitz gipfelnden Felsen. Er soll früher im Volksmund der Halsbrecher oder Brachmannfelsen geheißen haben, erinnert sich Siegmund Schultze - Galléra. Hier soll sich die unglückliche Dichterin Luise Brachmann aus unerwiderter Liebe in die Saale gestürzt haben, eine moderne Sappho!
Grausames Schicksal! Leidenschaftlich war ihr Herz und heißer Liebe bedürftig, die sie nicht fand, klein und verwachsen war sie, von allen verschmäht schrieb Schulze - Galléra voller Mitgefühl.
Tatsächlich, meint er, hat sie sich, 46 Jahre alt, am dunklen Herbstabend (17.11.1825) in der Nähe der Steinmühle am Mühlweg in die Saale gestürzt .
 

Um einen anderen Unglücksfall wob der Vater der Toten eine feine Legende. Im Heimatkalender von 1923 setzte der hallesche Philosoph Hans Vaihinger seiner Tochter Erna mit einem langen Artikel ein besonderes Denkmal. Die 22jährige Kunststudentin hatte sich wenige Tage nach ihrer Verlobung in der Nacht zu Silvester 1918 erschossen. Ihre Leiche wurde am nächsten Abend aus der Saale geborgen.
In dem Artikel sucht der Vater, den der Tod der Tochter wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen hat, Gründe für diesen Anfall von Schwermut.
Über den Tod schreibt er: Morgens nach sieben Uhr hatte sie sich an der schönsten Stelle von Halle, auf der sagenumwobenen Burg Giebichenstein, den letzten Blick auf das eine Viertelstunde entfernte Elternhaus gerichtet, selbst vom Leben befreit durch einen Revolverschuß.

Wie die Leiche von der Burg in die Saale geraten ist, bleibt uns Giebichensteinkletterern ein ewiges schaurig schönes Rätsel.